Chroniken der Weltensucher 4: Der Atem des Teufels by Thiemeyer Thomas

Chroniken der Weltensucher 4: Der Atem des Teufels by Thiemeyer Thomas

Autor:Thiemeyer, Thomas [Thiemeyer, Thomas]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Zwei Stunden später waren alle Spuren der dramatischen Ereignisse beseitigt. Die Bewohner hatten sich in ihren Hütten versteckt oder waren an ihre Arbeit zurückgekehrt. Das Dorf wirkte wie ausgestorben. Ein kleiner Hund lief über den Platz, schnüffelte am Stamm des großen Baumes und machte sich dann davon.

Oskar spähte durch einen Spalt zwischen den Bambusstäben. Er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was jetzt wohl mit Lena geschehen würde. Wenn er die Augen schloss, sah er immer wieder ihr Gesicht, wie sie am Stamm des großen Baumes lehnte, umringt von den Soldaten des Königs. Der letzte Blick, den sie ihm zugeworfen hatte, war so voller Hilflosigkeit gewesen, dass es ihm schier das Herz zerrissen hatte.

Anfangs hatte er noch versucht, sich von seinen Fesseln zu befreien, aber die Lederriemen, mit denen man ihm die Hände auf den Rücken gebunden hatte, waren fest und bewegten sich keinen Zentimeter. Nach einer Weile verwandelte sich sein Zorn in bleierne Verzweiflung.

Müde und ausgelaugt drehte er sich um.

Seine Freunde saßen auf der Erde. Auch ihnen hatte man die Hände gefesselt und die Füße mit Seilen vertäut.

Humboldt unterhielt sich leise mit Charlotte. Oskar verstand nicht genau, worum es ging, und rutschte ein Stück näher.

»… offene Rebellion«, hörte er Charlotte sagen. »Bhamban muss einen regelrechten Hass auf die Niederländer haben.«

»Schon, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass noch etwas anderes dahintersteckt«, erwiderte Humboldt nachdenklich. »Ich habe das Gefühl, dass wir etwas Wichtiges übersehen.«

»Was meinst du?«

»Sollte der König nicht eigentlich Furcht vor den Steinernen haben? Er müsste doch froh sein, dass ihm jemand zu Hilfe kommt. Stattdessen tut er so, als wären wir die Feinde.«

»Worauf willst du hinaus?«

»Ich muss immer wieder an die Legende der zwei Inseln denken. Der Sage nach beruht der Fluch auf einer Geschichte, die fast tausend Jahre zurückliegt.«

»Und?«

»Ich habe das dumpfe Gefühl, dass die Geschichte einen wahren Kern enthalten könnte. Vielleicht ist an dieser Sache mehr dran, als wir ahnen.«

»Ich kann dir nicht ganz folgen.«

»Denk doch mal nach: Poortvliet erwähnte, dass alles mit der Explosion des Krakatau anfing. Die Erschütterungen haben Risse im Erdmantel entstehen lassen, durch die ein Zugang zur Oberfläche entstand. Was, wenn dort unten wirklich eine Zivilisation existiert? Eine Zivilisation, die wütend ist und Rache nehmen will.«

»Du meinst, Bhamban weiß davon und will es vertuschen?«

»Möglich wäre es. Das würde zumindest erklären, warum er versucht, uns die Schuld für die Übergriffe in die Schuhe zu schieben.«

»Verstehe ich das recht«, mischte sich Eliza ein. »Du glaubst, die Geschichte mit dem Gold könnte wahr sein?«

Humboldt überlegte lange, dann nickte er.

»Aber warum sollten die Steinernen Dörfer angreifen? Die einfache Landbevölkerung hat doch mit der ganzen Sache nichts zu tun.«

»Ich kann nur spekulieren«, sagte Humboldt. »Bitte versteht mich nicht falsch, das sind alles nur vage Vermutungen, aber zu mehr fehlen mir einfach die Informationen. Die Bevölkerung Javas besteht hauptsächlich aus Hindus, so wie die Tengger. Sie kamen von Sumatra und den nördlich gelegenen Inseln und brauchten Lebensraum. Um den zu schaffen, wurden die Siedler, die früher hier gelebt hatten – die Anak – einfach ausgelöscht.



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